18.10.2017 (Update: 20.10.2017)

SAP schreibt ein neues Kapitel in der Diskussion um Lizenzgebühren für Indirekte Nutzungen der SAP-Software. Die noch auf der SAPPHIRENOW 2017 vom SAP CEO vollmundig angekündigte „Empathy“ im Umgang mit den Sorgen der Kunden hat SAP nun in Bezug auf NetWevaer Foundation for Third Party zur reinen Worthülse verkommen lassen.

Kern der Diskussion ist der Lizenztyp SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications. Neben anderen speziellen NetWeaver – Lizenztypen grenzt dieser sich vom in den „Package-Nutzungsrechten“ enthaltenen NetWeaver Foundation Runtime Recht ab.

Mit anderen Worten: SAP Kunden hatten bisher häufig ein inhaltlich wertvolles Recht zur Nutzung von NetWeaver in Verbindung mit Drittapplikationen bereits erworben (Runtime Recht). Dieses Recht scheint durch die aktuellste PKL-Definition für zukünftige Erwerbe nahezu völlig entwertet worden zu sein. Die DSAG hatte bereits in einem Papier aus August 2017 das Runtime Recht kundenfeindlich zu Lasten der Kunden ausgelegt (für Details s.u.).

Im Einzelnen: 

PKL aus Juli 2017

In der Preis und Konditionenliste (PKL) Fassung: Juli 2017 der SAP hieß es in der Gegenüberstellung zwischen dem SAP NetWeaver Runtime Recht und SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications noch auszugsweise wie folgt:

SAP NetWeaver Foundation Runtime License

Ein anwendungsspezifisches Runtime – Nutzungsrecht von SAP NetWeaver Foundation ist in allen Package – Nutzungsrechten enthalten, sofern SAP NetWeaver Teil des Lieferumfangs der erworbenen Software ist. Dieses Runtime – Nutzungsrecht berechtigt den Auftraggeber, die Funktionen von SAP NetWeaver Foundation ausschließlich in Verbindung mit (i) der erworbenen SAP – Anwendung (Customizing inbegriffen)) (ii) Modifikationen (iii) Add-Ons der SAP Anwendung, die nicht direkt auf die Datenbank der SAP – Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen und (iv) Drittanbieter – Software, die nicht direkt auf die Datenbank der SAP – Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen, zu nutzen. Die Developer User des Auftraggebers dürfen die Werkzeuge, die im SAP Netweaver – Foundation – Runtime Nutzungsrecht enthalten sind, nur für die Entwicklung dieser Modifikationen und Add – Ons, wie vorangehend beschrieben, nutzen“

„SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications

Das Nutzungsrecht für SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications berechtigt den Auftraggeber zusätzlich zum Runtime – Nutzungsrecht der SAP Netweaver Foundation, zur Nutzung der SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications – Software in Verbindung mit (i) Add-Ons der SAP – Anwendung, die direkt auf die Datenbank der SAP – Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen(*) und (ii) Drittanbieter – Software, die direkt auf die Datenbank der SAP – Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen, zu nutzen.

[…]

 

Neuregelung der PKL aus Oktober 2017

Demgegenüber heißt es auszugsweise in der Version der PKL aus Oktober 2017:

„SAP NetWeaver Foundation Runtime License

Ein anwendungsspezifisches Runtime – Nutzungsrecht von SAP NetWeaver Foundation ist in allen Package – Nutzungsrechten enthalten, sofern SAP NetWeaver Teil des Lieferumfangs der erworbenen Software ist. Dieses Runtime – Nutzungsrecht berechtigt den Auftraggeber, die Funktionen von SAP NetWeaver Foundation ausschließlich in Verbindung mit (i) der erworbenen SAP – Anwendung (Customizing inbegriffen)) (ii) Modifikationen (iii) Add-Ons der SAP Anwendung, die nicht auf die in der Datenbank der SAP – Anwendungen enthaltenen Informationen zugreifen und (iv) Drittanbieter – Software, die nicht auf die in der Datenbank der SAP – Anwendungen enthaltenen Informationen zugreift, zu nutzen. Die Developer User des Auftraggebers dürfen die Werkzeuge, die im SAP Netweaver – Foundation – Runtime Nutzungsrecht enthalten sind, nur für die Entwicklung dieser Modifikationen und Add – Ons, wie vorangehend beschrieben, nutzen .

Für die Nutzung des Planning Applications Kit zum Entwickeln von Planungsanwendungen, die die In- Memory – Verarbeitung von Kernplanungsfunktionen nutzen, benötigt der Auftraggeber gesonderte Nutzungsrechte für die aktuelle Version von SAP Business Planning and Consolidation.“

„SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications

Das Nutzungsrecht für SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications berechtigt den Auftraggeber zusätzlich zum Runtime – Nutzungsrecht der SAP Netweaver Foundation, zur Nutzung der SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications – Software in Verbindung mit (i) Add – Ons der SAP – Anwendung, die auf die in der Datenbank der SAP – Anwendungen enthaltenen Informationen zugreifen((*) und (ii) Drittanbieter – Software, die auf die in der Datenbank der SAP – Anwendungen enthaltenen Informationen zugreift, zu nutzen.

Add-Ons und Drittanbieter-Software, die ausschließlich Funktionalität für Systemadministration, – monitoring und management enthalten, benötigen keine Nutzungsrechte für SAP Netweaver Foundation for Third Party Applications.

[…]

Was bedeutet das rechtlich?

Das bisherige Runtime Recht genügte nach unserem Verständnis und dem gesetzlichen Auslegungsspielraum, in den Fällen, in denen nicht direkt auf die Datenbank der SAP-Anwendung oder die darin enthaltenen Information zugegriffen wurde. Dies entspricht nicht nur dem klaren Wortlaut der Regelung. Auf Basis der geltenden Gesetze gehen Unklarheiten in der Auslegung der PKL-Bedingungen zu Lasten des Verwenders SAP. Hierfür sprach auch, dass andernfalls das Tatbestandsmerkmal des „direkten Datenbankzugriffs“ keinen wesentlichen, eigenständigen Anwendungsbereich gehabt hätte, wenn ein irgendwie gearteter reiner Zugriff auf Information genügt hätte. Schließlich war das Merkmal „direkt“ nach dem Wortlaut auch das einzige Abgrenzungsmerkmal des Runtime Rechts zur NetWeaver Foundation for Third Party Applications Lizenz.

Die in der PKL von SAP nun umgesetzte Entwertung des Runtime Rechts überrascht nicht, da die DSAG bereits im Sommer in einem Papier („DSAG NWF Erläuterungen“) – entgegen der gesetzlichen Vorschriften, dass Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen – das Runtime Recht zu Lasten der Kunden ausgelegt hat: In diesem DSAG-Papier aus August 2017, also vor Erscheinen der neuen PKL im Oktober 2017, heißt es im Rahmen der Fallgruppe „Es werden APIs genutzt, und darüber neue & unabhängige Funktionalität hinzugefügt, die auf die in der Datenbank enthaltenen Information zugreift“ u.a.:

„Auf eine Unterscheidung zwischen „direkten Zugriffen auf die Datenbank“ und solchen, die ‚indirekt‘ bzw. „auf die in der Datenbank enthaltenen Informationen“ erfolgen, kommt es nicht an. Auch in der bisherigen Formulierung in der Preis – und Konditionenliste zu NWF TPA ist letztlich der Zugriff auf die in der DB enthaltenen Informationen, gleich auf welchem Weg, relevant.“

Die DSAG weist darauf hin, dass „zur Klarstellung die Klausel insoweit auf diesen Fall beschränkt“ wird und kündigt an:

„SAP wird die Umsetzung dieser Formulierungsänderung in der Preis- und Konditionenliste zeitnah angehen.“


Die SAP hat nun in der neuen Fassung der PKL genau das gegenüber der vorherigen Definition entscheidende Unterscheidungsmerkmal des „direkten“ oder „nicht direkten“ Zugriffs in beiden Definitionen gestrichen.

Welcher Anwendungsbereich so überhaupt noch für das Runtime-Recht verbleibt, wenn auf keinerlei Informationen mehr zugegriffen werden darf, obwohl in aller Regel der Austausch zu Add-Ons bzw. Drittanwendungen gerade denknotwendig für deren Funktion ist, bleibt unklar.

Aussage der DSAG

Nicht verschwiegen werden soll, dass die Third Party Lizenzen offenbar nunmehr für reine Systemadministration, -monitoring und –management – wie ebenfalls in dem DSAG Papier erwähnt – nicht benötigt werden sollen. Der Preis dieser limitierten Klarstellung liegt jedoch in der nahezu völligen Entwertung des Runtime Rechts zu Lasten der Kunden.

Die DSAG nannte noch am 22.08.2017 die „Neuregelung der Lizenzierungspflicht für Drittanbieter-Szenarien (SAP NetWeaver Foundation for 3rd Party Applications)“ einen „ersten Meilenstein“, was offenkundig im Auge des Betrachters liegen dürfte.

Fazit:

Wir sind von dieser Entwicklung nicht überzeugt, aber von der Tendenz auch nicht überrascht. Empathie für die Belange der Kunden können wir an dieser Stelle leider nicht herauslesen, zumal 2017 auch noch andere Änderungen zu Lasten der Kunden vorgenommen wurden. Deswegen raten wir Ihnen, Ihre individuelle Situation genau zu prüfen, bevor Sie die neuen Bedingungen der SAP im Rahmen von Lizenzerwerben akzeptieren.

Aus unseren langjährigen Erfahrungen infolge von zahlreichen Inventarisierungen und Risiko-Analysen von umfangreichen SAP Vertragsstrukturen warnen wir vor dem sorglosen Zukauf oder vermeintlich vereinfachenden Vertragskonsolidierungen. Aufgrund der Änderung von Definitionen in der PKL ändert sich nicht nur Ihre strategische Situation oftmals zum Nachteil, sondern teilweise drohen vorhandene Rechtspositionen auch abhanden zu kommen.

Sprechen Sie uns an, wir freuen uns, Sie zu unterstützen.